Assyrtiko
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Kaum eine weiße Rebsorte hat das Selbstverständnis des griechischen Weinbaus so stark verändert wie Assyrtiko. Was einst auf der Insel Santorini unter extremen Bedingungen wurzelte, ist heute zum Symbol für Herkunft, Struktur und Ernsthaftigkeit geworden. Diese Sorte zeigt, dass Griechenland nicht nur mediterrane Sonne, sondern auch Präzision kann.
Assyrtiko ist heute mehr als nur eine autochthone griechische Weißweinsorte. Sie ist ein Qualitätsindikator. Eine Aussage. Eine Sorte, an der sich griechischer Weißwein messen lassen muss.
Ursprünglich stammt Assyrtiko von der Insel Santorini. Dort steht sie seit Generationen auf kargem, vulkanischem Untergrund und trotzt einer Landschaft, die eher an Überleben als an Komfort erinnert: viel Wind, kaum Wasser, extreme Sonne. Genau dieses Milieu hat den genetischen Charakter der Sorte geformt – salzbetont, mineral, strukturiert.
Von dort aus hat sich Assyrtiko verbreitet. Zunächst auf andere kykladische Inseln, dann aufs griechische Festland: Makedonien, Attika, Drama, Epanomi, Chalkidiki, später Kreta. Das ist entscheidend, denn Assyrtiko ist keine Sorte, die außerhalb ihrer Heimat belanglos wird. Im Gegenteil: Sie transportiert Herkunft. Egal ob vom Kalk auf dem Festland oder von Lavaasche auf Santorini – Assyrtiko zeigt das, was am Ende jede hochwertige Weißweinsorte groß macht: Transparenz gegenüber dem Terroir.
Die klassischen Santorini-Weinberge sind einzigartig im Mittelmeerraum. Der Boden besteht aus vulkanischer Asche, Bimsstein, Lavafragmenten. Er ist arm an Nährstoffen, hochporös, frei von Lehmanteilen. Genau das verhindert Phylloxera-Befall – viele Reben sind wurzelecht und sehr alt.
Weil die Insel kein Oberflächenwasser speichert, müssen die Wurzeln tief. Weil der Wind brutal ist, wird erziehungstechnisch kaum Spielraum toleriert. Die traditionelle „Kouloura“-Erziehung – ein niedriger, geflochtener Korb am Boden, in dem die Trauben wie geschützt liegen – ist funktional, nicht folkloristisch. Sie schützt die Beeren vor Windabrieb, vor Sandschliff, vor Verbrennungen. Dieses System existiert praktisch nur auf Santorini und gehört zu den markantesten visuellen Merkmalen des Assyrtiko-Anbaus.
Außerhalb Santorinis tritt Assyrtiko in Draht- oder Stockerziehung auf, klassischer, höher, offener. Das führt zu saubererer Traubengesundheit, höherer Photosyntheseleistung und – je nach Region – minimal mehr Frucht in der Aromatik. Auch kalk- und sandreiche Böden in Nordgriechenland oder auf Kreta bringen andere Facetten: weniger Vulkanschärfe, etwas mehr gelbes Steinobst, zum Teil auch florale Anklänge. Dennoch bleibt der Grundcharakter trocken, ernst, straff.
Bemerkenswert: Assyrtiko ist spätreifend, hält aber die Säure. Das bedeutet: Sie ist klimatisch robust. In heißen Vegetationen dort, wo andere mediterrane Weißweinsorten ins Breite, Weiche, Reife-Üppige kippen, schafft Assyrtiko weiterhin Spannung.
Ein trockener Assyrtiko – vor allem von Santorini – ist sensorisch eindeutig wiedererkennbar:
•hohe, aber nicht spitze Säure
•merkliche Salzprägung am Gaumen
•intensiver mineralischer Druck, der eher an nassen Stein, Feuerstein, Kreide, manchmal Rauch erinnert als an üppige Tropenfrucht
•Zitruszeste, Grapefruitschale, Limette
•je nach Ausbau auch gelber Pfirsich, reifer Apfel, etwas Wachs
Wichtig: Assyrtiko wirkt selten charmant im ersten Moment. Er ist kein mediterraner „easy drinking“-Wein. Er ist kantig, fordernd, strukturiert. Genau das erklärt, warum Sommeliers diese Sorte lieben: Sie ist gastronomisch ein Werkzeug. Salz, Säure, Phenolik – das sind Parameter, mit denen man arbeitet.
Mit Flaschenreife entwickelt ein guter Assyrtiko Tiefe. Die Frucht rückt zurück, stattdessen kommen Wachstöne, Bienenwachs, leichte Cremigkeit, ein angedeuteter Mandelton. Anders formuliert: Er gewinnt an Textur, ohne die Frische zu verlieren. Das Alterungspotenzial guter Lagenweine ist nicht nur vorhanden, sondern relevant.
Assyrtiko wird heute bewusst unterschiedlich interpretiert. Das Spektrum:
Kalt vergoren, reduktiv ausgebaut, ohne Holz. Hier geht es um Klarheit, Salzigkeit, Spannkraft. Das ist der Stil, der Santorini international bekannt gemacht hat: kompromisslos trocken, mineralisch, präzise.
Fassausbau – häufig in gebrauchten Fässern, seltener in neuem Holz – verleiht Volumen, rundet die Textur, setzt eher auf Länge als auf Kante. Dieses Profil zeigt, dass Assyrtiko auch „groß“ interpretiert werden kann, ohne aromatisch breit zu werden. Die besten Beispiele erinnern an strukturierten Chardonnay aus kühleren Lagen, bleiben aber salziger, härter in der Linie.
Auf Santorini werden einzelne Chargen aus angetrockneten Trauben gekeltert. Diese Weine sind dicht, honigartig, mit getrockneter Aprikose, kandierter Zitrusschale und gleichzeitig einer überraschend tragenden Säure. Das ist nicht folkloristisch, sondern ernsthafte, lagerfähige Süßweinkultur.
Der Weinbau auf Santorini ist alt. Es gibt archäologische Nachweise für Rebkultivierung in der Bronzezeit, also um etwa 1600 v. Chr. Das belegt, dass Weinbau auf der Insel ein historisches Rückgrat der Ernährung und des Handels war – lange bevor Griechenland als moderne Weinherkunft überhaupt wieder auf die Bühne trat.
Die rechtliche Grundlage für Qualität kam deutlich später. Mit der geschützten Ursprungsbezeichnung Santorini (PDO Santorini, 1971) wurde Assyrtiko in eine kontrollierte Form gebracht. Ab da galt: klar definierte Herkunft, klar definierte Ausbaumethoden. Genau dieser Schritt hat Assyrtiko aus der Rolle des „Weins, den man vor Ort trinkt“ befreit und in Richtung ernstzunehmender Exportwein geschoben.
In den 1990er- und frühen 2000er-Jahren begann die nächste Phase: Produzenten mit klarer Qualitätsphilosophie – etwa Estate Argyros, Sigalas, Hatzidakis, Gaia Wines – positionierten einzelne Lagen, streng selektierte Parzellen, längere Hefekontaktzeiten und differenzierten Holzeinsatz. Seither wird Assyrtiko international nicht mehr als regionale Spezialität wahrgenommen, sondern als großer mediterraner Weißwein mit eigenem Profil.
Parallel hat die Sorte den Sprung in andere Anbaugebiete geschafft – innerhalb Griechenlands und inzwischen auch international (Australien, Südafrika, Zypern). Das ist ein seltenes Phänomen für eine autochthone Sorte aus Südosteuropa und unterstreicht ihren Status.
Die Fläche von Assyrtiko in Griechenland liegt aktuell grob im Bereich von rund 1.800 bis 2.000 Hektar. Ein wesentlicher Anteil davon steht nach wie vor auf Santorini, wo viele Rebstöcke weit über ein halbes Jahrhundert alt sind – teils deutlich älter.
Das Ertragsniveau ist bewusst niedrig. Typische Zahlen liegen bei etwa 30 bis 40 Hektolitern pro Hektar. Das ist wenig, aber gewollt: Konzentration vor Menge. Durch die geringe Bodenfeuchte ist ohnehin keine Massenproduktion möglich.
Die Lese erfolgt vergleichsweise früh: je nach Lage zwischen Mitte August und Anfang September. Das Ziel ist nicht Überreife, sondern Balance. Zucker ist nicht das Problem; Säure halten ist die Aufgabe.
•Riesling (Deutschland, Österreich): Vergleichbar in der Säureführung und im Alterungspotenzial. Unterschied: Assyrtiko ist weniger aromatisch-fruchtgeprägt, dafür mineralisch-straff, teilweise leicht phenolisch.
•Albariño (Galicien): Die salzige Linie, die maritime Frische, die leichte Bitterkeit im Finish – hier gibt es Parallelen. Assyrtiko wirkt allerdings häufig trockener und kantiger, weniger floral.
•Malagousia: duftiger, weicher, aromatischer. Eher floraler Stil, teilweise exotische Frucht. Direkt zugänglich.
•Vidiano (Kreta): Cremiger, wärmer in der Textur, oft mit reifer Steinobstfrucht und moderater Säure.
•Assyrtiko: kein „Easy White“. Er ist vertikal, druckvoll, strukturiert, trocken durchgezogen. Das spricht ein Publikum an, das Herkunft, Spannung und Salz mag – und weniger Leute, die Frucht und Gefälligkeit suchen.
Assyrtiko ist inzwischen ein Argument in Weinlisten, nicht nur eine Randnotiz. Viele Spitzen-Sommeliers weltweit führen Santorini-Assyrtiko heute in derselben Gesprächskategorie wie hochwertige Rieslinge, Chablis-artige Chardonnays aus kühlen Lagen oder ernsthafte Albariños. Das ist die Liga, in der es um Herkunftsspannung geht, nicht um Primärfrucht.
Einzellagenweine und streng selektionierte Cuvées – beispielsweise „Cuvée Monsignori“ (Estate Argyros) oder „Kavalieros“ (Sigalas) – gelten als Referenz für Präzision, Tiefe und Lagerfähigkeit. Diese Weine zeigen, dass Assyrtiko auf Santorini nicht nur regional gut ist, sondern global konkurrenzfähig.
Gleichzeitig gilt: Außerhalb Santorinis wird viel experimentiert. Einige Festlands-Assyrtikos zeigen beeindruckende Balance aus Säure und Struktur zu moderaterem Preis. Andere verlieren das Markenzeichen der Sorte – die salzige Signatur – und wirken breiter, gefälliger, internationaler. Das Feld wird heterogener.
Die Träne der Olive steht für ein Sortiment, das wir selbst auswählen und verantworten. Wir arbeiten nur mit Produkten, hinter denen wir persönlich stehen. Das betrifft alle Bereiche: Wein, Olivenöle, Essige, Oliven und weitere Feinkost.
Die Auswahl treffen Christos und Dimitra gemeinsam. Für Christos spielt seine Erfahrung eine große Rolle. Er hat viele Jahre in Berlin, München und Wiesbaden gearbeitet – sowohl in der Küche als auch im Service. Dadurch kennt er die Anforderungen, die gute Produkte im Alltag erfüllen müssen.
2017 absolvierte er im Weingut Costa Lazaridis in Griechenland eine Weinschulung, die ihm zusätzliche Einblicke in die Arbeit moderner griechischer Weingüter gegeben hat.
Zum Thema griechischer Wein sagt Christos:
„‚Griechischer Wein‘ kennt jeder als Lied. Aber mit dem heutigen Wein aus Griechenland hat das nichts zu tun. Die Qualität hat sich deutlich weiterentwickelt. Viele Weingüter arbeiten heute stabil, klar und auf einem Niveau, das international ernst genommen wird.“
Unser Grundsatz ist klar:
Wir führen nur Produkte, von denen wir selbst überzeugt sind.
Jedes Produkt wird probiert, verglichen und bewusst ausgewählt. Es kommt nichts ins Sortiment, das wir nicht selbst empfehlen würden.