Mavrotragano
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Kaum eine griechische Rebsorte verkörpert die Identität ihrer Herkunft so unverwechselbar wie der Mavrotragano. Ursprünglich auf der Kykladeninsel Santorini beheimatet, zählt sie heute zu den faszinierendsten autochthonen Rotweinsorten des Landes – selten, charakterstark und geprägt von einem Terroir, das weltweit einzigartig ist.
Mavrotragano ist untrennbar mit Santorini verbunden. Die Insel ist kein klassisches Weinbauidyll mit tiefgründigen Böden, sondern ein vulkanisches Plateau aus Asche, Bims, Lavagestein und Sand. Genau diese kargen, hochporösen Böden sorgen dafür, dass Reben hier ohne Bewässerung überleben können: Das Vulkangestein speichert die nächtliche Feuchtigkeit und gibt sie langsam wieder ab. Regen ist selten, die Sonne aggressiv, der Wind permanent.
Weil die Meltemi-Winde im Sommer die Trauben austrocknen oder verbrennen könnten, werden die Reben in die typische Kouloura-Form gebunden – ein geflochtener Korb nahe am Boden, der die Trauben im Inneren schützt. Diese Erziehung ist arbeitsintensiv, aber auf Santorini alternativlos. In Kombination mit der fast vollständigen Phylloxera-Resistenz der vulkanischen Böden bedeutet das: Viele Rebstöcke sind ungepfropft und sehr alt – ein qualitatives, aber auch ökonomisches Privileg.
Das Resultat dieses Umfelds: Trauben mit hoher aromatischer Dichte, fester Schale, wenig Saft und klarer mineralischer Prägung. Mavrotragano ist damit kein „beliebiger“ mediterraner Rotwein, sondern Ausdruck eines extremen Mikroklimas.
Über Jahrhunderte war Mavrotragano Teil des Rebsortenspiegels Santorinis, spielte aber nie die Hauptrolle. Im 20. Jahrhundert wurde die Sorte fast vollständig verdrängt – zugunsten der wirtschaftlich wichtigeren weißen Sorten, allen voran Assyrtiko, der auch exportseitig mehr Aufmerksamkeit bekam. Ein weiterer Grund: Mavrotragano ist ertragsarm und verlangt viel Handarbeit – für viele Betriebe damals nicht attraktiv.
Erst in den 1990er-Jahren kam die Wende. Einzelne Winzer – federführend Haridimos Hatzidakis – begannen, die Rebsorte nicht nur zu erhalten, sondern konsequent qualitativ auszureizen. 1997 stellte er den ersten modernen, sortenreinen Mavrotragano von Santorini vor und zeigte damit, dass die Sorte mehr kann als „trockener Inselrotwein“. Seitdem wird Mavrotragano zunehmend als kulturhistorisches Gut und als Baustein für das Profil des griechischen Spitzenweinbaus gesehen – nicht als Nischenkuriosität.
Der Name ist selbsterklärend: „Mavro“ = schwarz, „tragano“ = knackig. Gemeint sind die kleine, dickschalige Beere und die dunkle Pigmentierung. Genau diese Konsistenz führt zu:
•Sehr niedrigen Erträgen: oft nur 2.000–2.500 kg/ha.
•Hoher Farbausbeute: tiefe Rubinfarbe mit violettem Reflex.
•Hoher Phenolgehalt: strukturstarke, tanninbetonte Weine.
Mavrotragano reift eher spät – für Santorini-Verhältnisse oft zwischen Mitte August und Anfang September, abhängig von Höhenlage, Exposition und Wind. Dass viele Stöcke ungepfropft sind, ist nicht nur eine Besonderheit, sondern auch ein Qualitätsfaktor: Die Reben reagieren direkter auf das Terroir und bringen eine klare, nicht „vermittelnde“ Aromatik.
Ein gut vinifizierter Mavrotragano ist deutlich erkennbar. Typische Parameter:
•Farbe: dunkles Rubinrot, dicht, jugendlich violett.
•Nase: dunkle Kirsche, reife Pflaume, schwarze Johannisbeere, getrocknete Feigen oder Datteln; dazu stets eine würzige, leicht rauchige Komponente, die vom vulkanischen Boden unterstützt wird. Häufig finden sich Noten von Pfeffer, Graphit, manchmal auch etwas Teer oder Räuchernuancen.
•Gaumen: vollmundiger, druckvoller Auftakt, tragende Säure (wichtiger Kontrapunkt zur Fruchtreife), markantes, aber feinkörniges Tannin. Das Tannin erinnert eher an strukturbewusste Rebsorten wie Nebbiolo als an weiche mediterrane Rotweine.
•Sekundäraromen (je nach Ausbau): Tabak, Leder, Espresso, Bitterschokolade, manchmal Vanille – insbesondere bei Ausbau im französischen Barrique.
Damit positioniert sich Mavrotragano sensorisch zwischen mediterraner Reife und kühlerer, vulkanischer Straffheit. Er ist kein marmeladiger Inselwein, sondern ein strukturierter Herkunftswein, der ein paar Jahre Flaschenreife gut verträgt.
Die Sorte reagiert sehr gut auf Barrique-Ausbau, weil das Holz die straffen Tannine abrundet und dem Wein zusätzliche Dimensionen gibt. Die besten Erzeuger arbeiten dabei zurückhaltend mit neuem Holz, um Frucht und Herkunft nicht zu überdecken. In Topversionen ist ein Reifefenster von 10 Jahren und mehr realistisch; ab dem 5.–6. Jahr zeigen sich tertiäre Noten (Tabak, Leder, getrocknete Kräuter), ohne dass die Frucht völlig verschwindet.
Kritisch zu sehen sind überholzte Interpretationen, die die Eigenart des vulkanischen Terroirs überdecken. Mavrotragano lebt von Spannung, nicht von Breite – das sollte der Ausbau widerspiegeln.
Trotz der gestiegenen Aufmerksamkeit bleibt die verfügbare Menge sehr gering. Die Inselfläche ist begrenzt, die Weinberge sind auf viele kleine Parzellen verteilt, die Arbeit ist manuell. Dazu kommen Versuche auf Tinos, auf Teilen der Peloponnes und Kreta, doch das stilistische Referenzniveau liegt weiterhin auf Santorini.
•Hatzidakis Winery – historisch wichtig, weil hier der moderne Stil gesetzt wurde: konzentriert, terroirbetont, ohne ins Überbordende zu gehen.
•Domaine Sigalas – oft etwas moderner, kraftvoller, technisch sehr präzise, mit sauber eingebundenem Holz.
•Gavalas Wines – tendenziell feiner und eleganter, gut für Verkoster, die weniger Extraktion bevorzugen.
•Santo Wines – als größte Kellerei der Insel relevant, weil hier Forschung, Qualitätskontrolle und Sichtbarkeit zusammenlaufen; wichtig für die Stabilisierung des Qualitätsbildes nach außen.
Diese Produzenten tragen den Wein international – ohne sie wäre Mavrotragano heute wahrscheinlich weiterhin eine Fußnote.
In der Verkostung wird Mavrotragano häufig mit Syrah und Nebbiolo verglichen – und das ergibt Sinn, wenn man das nur als Orientierung versteht:
•Wie Syrah: dunkle Frucht, Pfeffer, gelegentlich Rauch – gerade auf vulkanischem Boden.
•Wie Nebbiolo: straffe Tanninstruktur, gutes Reifepotenzial, kein „süßer“ Rotwein.
•Anders als beide: salzige, vulkanische, manchmal fast eisenhaltige Mineralität; dazu die spezielle Textur der Santorini-Trauben.
Diese Unverwechselbarkeit ist die größte Stärke der Sorte – und zugleich der Grund, warum sie nicht jedem sofort zugänglich ist.
Die Träne der Olive steht für ein Sortiment, das wir selbst auswählen und verantworten. Wir arbeiten nur mit Produkten, hinter denen wir persönlich stehen. Das betrifft alle Bereiche: Wein, Olivenöle, Essige, Oliven und weitere Feinkost.
Die Auswahl treffen Christos und Dimitra gemeinsam. Für Christos spielt seine Erfahrung eine große Rolle. Er hat viele Jahre in Berlin, München und Wiesbaden gearbeitet – sowohl in der Küche als auch im Service. Dadurch kennt er die Anforderungen, die gute Produkte im Alltag erfüllen müssen.
2017 absolvierte er im Weingut Costa Lazaridis in Griechenland eine Weinschulung, die ihm zusätzliche Einblicke in die Arbeit moderner griechischer Weingüter gegeben hat.
Zum Thema griechischer Wein sagt Christos:
„‚Griechischer Wein‘ kennt jeder als Lied. Aber mit dem heutigen Wein aus Griechenland hat das nichts zu tun. Die Qualität hat sich deutlich weiterentwickelt. Viele Weingüter arbeiten heute stabil, klar und auf einem Niveau, das international ernst genommen wird.“
Unser Grundsatz ist klar:
Wir führen nur Produkte, von denen wir selbst überzeugt sind.
Jedes Produkt wird probiert, verglichen und bewusst ausgewählt. Es kommt nichts ins Sortiment, das wir nicht selbst empfehlen würden.