Griechischer Wein: Zwischen uralter Kultur und neuer Renaissance

Griechischer Wein: Zwischen uralter Kultur und neuer Renaissance

Christos Skotidas

Griechenland – Ein Land mit uralter Weinkultur

Schon vor Jahrtausenden prägte Griechenland die Weingeschichte Europas. Händler der Antike verschifften Amphoren voller Wein bis an die Küsten ferner Reiche, Dichter und Philosophen feierten den Trank als Kulturgut. Doch über viele Epochen hinweg geriet das Land ins Hintertreffen: Fremdherrschaft, Naturkatastrophen, Reblausplagen, Kriege und Wirtschaftskrisen ließen den einstigen Ruhm verblassen. Statt Qualität stand lange Quantität im Vordergrund. Erst die neue Generation von Winzerinnen und Winzern führt das Land zurück auf die internationale Bühne – mit einem Selbstverständnis, das auf Herkunft, Handwerk und Charakter setzt.

Antike Statuen am Erechtheion-Tempel in Athen vor blauem Himmel.




Klima und Terroir – Gegensätze als Stärke

Die Landschaft Griechenlands ist so vielfältig wie seine Weine. Entlang der Küsten herrscht mediterrane Milde: reichlich Sonne, trockene Sommer, sanfte Winter. In den Bergregionen und im Landesinneren zeigt sich jedoch ein völlig anderes Gesicht – mit Frost, Schnee und langen Kälteeinbrüchen. Genau diese Gegensätze schaffen ideale Bedingungen:

•Höhenlagen: Verzögerte Reife sorgt für frische Säure und ausgeprägte Aromen.
Böden: Vulkanischer Untergrund auf Santorin, Kalk auf dem Peloponnes oder Granit auf Tinos prägen den Geschmack unverwechselbar.
Wasserhaushalt: Winterregen füllt die Reserven, sodass die Reben in heißen Sommern nicht austrocknen.

So entstehen Weine, die Balance, Ausdruckskraft und Langlebigkeit vereinen.


Weinberg bei Sonnenuntergang mit Blick auf sanfte Hügel.

Ein Schatz an Rebsorten – Griechenlands Identität

Die wahre Stärke des Landes liegt in seiner Vielfalt autochthoner Sorten, von denen viele nur hier vorkommen:

Assyrtiko (Santorin): Salzig-mineralisch, frisch, mit großem Reifepotenzial – ein perfekter griechischer Weißwein zu Fischgerichten.
Xinomavro (Naoussa): Strukturiert, tanninreich, komplex – oft als griechisches Pendant zu Nebbiolo beschrieben und ein Rotwein mit Lagerpotenzial.
•Agiorgitiko (Nemea): Weich, fruchtbetont und vielseitig einsetzbar – beliebt als griechischer Rotwein zum Grillabend.
Moschofilero (Mantinia): Duftend, floral, lebendig – ideal als aromatischer Weißwein für mediterrane Küche.
Mavrotragano (Kykladen):
Dunkelwürzig und kraftvoll – ein Geheimtipp für Weinliebhaber, die Neues entdecken wollen.

Diese Bandbreite macht Griechenland zu einem der spannendsten Weinländer Europas.

Reife blaue Weintrauben hängen unter grünen Blättern am Weinstock.

Warum der Wein lange unterschätzt wurde

Mehrere Faktoren verhinderten über Jahrhunderte hinweg den internationalen Erfolg:

•Fokus auf einfache Tafelweine und Retsina.
•Kleine Produktionsmengen, die den Export erschwerten.
•Politische und wirtschaftliche Instabilität, die Investitionen hemmte.
•Fehlende moderne Ausbildung in Önologie bis in die 1980er-Jahre.

Erst mit gezielter Forschung, besserer Ausbildung und internationalen Kooperationen konnte Griechenland sein Potenzial wieder entfalten.

Renaissance durch junge Winzerinnen und Winzer

Heute verbindet sich überliefertes Wissen mit moderner Technik. Viele Nachwuchswinzer studierten im Ausland, kehrten zurück und setzen auf Präzision und Nachhaltigkeit. EU-Förderungen, biodynamische Ansätze und ein neues Selbstbewusstsein tragen dazu bei, dass griechische Weine auf internationalen Wettbewerben immer häufiger ausgezeichnet werden. Besonders Sorten wie Assyrtiko von Santorin oder Xinomavro aus Naoussa haben sich weltweit als Aushängeschilder etabliert.

Fazit – Ein Weinland erfindet sich neu

Griechenland steht heute nicht mehr im Schatten der großen Weinländer, sondern überzeugt mit Authentizität, Charakter und einer Vielfalt, die ihresgleichen sucht. Wer Wein mit Tiefe und Herkunft sucht, findet hier eine wahre Schatzkammer. Und gerade kleine Weingüter fernab des Mainstreams sind es oft, die die Seele des modernen Griechenlands im Glas am klarsten sichtbar machen.


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